martedì 3 aprile 2018

Gustav Meier: Griechische Grammatik: § 01. Vorwort

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Testo online.
VORWORT.

Wer die gegenwärtigen Zustande auf sprachwissenschaftlichem Gebiete auch nur oberflächlich kennt, der weiss, dass es ein periculosae plenum opus aleae ist jetzt eine vergleichende Gesammtdarstellung einer indogermanischen Einzelsprache zu publicieren. Whitney’s im vorigen Jahre erschienenes Werk hat durch Ausschluss aller comparativen Erklärung der Spracherscheinungen diese Klippe vermieden; eine griechische Grammatik musste sich aus nahe liegenden Gründen näher an den der ganzen Grammatikenbibliothek von Anfang an vorgezeichneten Plan halten.

Die griechischen Inschriften sind selbstverständlich in den Originalpublikationen benutzt; citiert habe ich trotzdem der Kürze halber nicht selten nach dem bekannten Delectus von Cauer, dessen Mängel ich keineswegs verkenne. Dass mir bei der grossen Zersplitterung der epigraphischen Publikationen and der Schwierigkeit an meinem Aufenthaltsorte alles zu Gesicht zu bekommen einzelnes — kaum aber wichtiges — entgangen sei, ist möglich; meinem Collegen Gurlitt habe ich für manchen freundlichen Nachweis zu danken. Herodot ist nach der kritischen Ausgabe von Stein, die Dramatiker nach Dindorf, Pindar nach Mommsen, Theokrit nach Ahrens citiert.

Die Umschreibung des Sanskrit-Alphabetes ist die von Whitney angewendete, bis auf unwesentliche Abweichungen; ich schreibe e und 5 für Whitney's e und o, ausserdem mit
Lepsius f (jftar r) zur Bezeichnung des vocalischen r, um Con-



VIII Vorwort.

formität mit ^ für Yocalisches n herbeizuführen (n war bereits
für ai. cerebrales n vergeben). Die neue HüBSCHMANK'sche
Transscription des Zend-AIphabetes (EZ. 24, 370) habe ich
erst während der Gorrectnr durchgeführt, in Folge dessen sind
ein paar Inconsequenzen stehen geblieben, die ich, soweit sie
mir aufgefallen sind, am Schlüsse berichtigt habe. Im Litaui-
schen weiche ich von Schleicher nur in i für i ab.

Meine ursprüngliche Absicht die Geschichte der griechi-
schen Laute und Formen auch durchs Mittel- und Neugrie-
chische zu verfolgen habe ich bald aufgegeben ; der Umfang
des Buches würde verdoppelt worden sein und sein einheit-
licher Charakter zerstört. Zudem ist eine Darstellung neu-
griechischer Lautverhältnisse nicht möglich ohne einen langem
Aufenthalt im Lande, den ich der nächsten Zukunft vorbe-
halten habe.

Stammbildungslehre und Syntax sind nach dem Plane der
ganzen Bibliothek ausgeschlossen worden; mit den Excursen
über Comparation und Zahlwörter so wie über Infinitive und
Participien habe ich der traditionellen Anordnung der Formen-
lehre eine Concession gemacht

Graz im Mai 18S0.



Lob und Tadel sind der neuen Ausgabe dieses Buches,
wie ich hoffe, gleicherweise zu gute gekommen. Thatsäch-
liche Unrichtigkeiten sind nach Kräften gebessert worden, in
der Erklärung der Sprachei scheinungen wird man vielfach
grössere Vorsicht und Zurückhaltung angewendet sehen.
Neuere Hypothesen der indogermanischen Linguistik sind
überall zur Kenntniss genommen, wenn sie auch bei weitem
nicht immer adoptiert werden konnten. Zut besonderen
Freude gereichte es mir mich mit Bbugmakn's Grundriss,
den ich noch während des Druckes lesen konnte, in wesent-
liehen Punkten in Übereinstimmung zu befinden. Dagegen
hat mich auch dieses Buch nicht vermocht, die nicht streng
linguistisch geschulten Benutzer meines Werkes durch eine
compli eierte phonetische Transscription indogermanischer Laute
zu erschrecken. Ich bin im Gegentheil sogar davon abge-



n



Vorwort. ix

gangen vocalisehes r (auch im Sanskrit) und n besonders zu
bezeichnen, da die Stellung allein über das Wesen der Laute
genügend Aufschluss gibt.

Yen der CoLLUTz'schen Inschriftensammlung lagen mir
bei der Neubearbeitung meines Buches vier Hefte vor; so-
weit sind die Inschriftencitate danach umgeschrieben worden.
Daneben sind, wie auch sonst durchweg, die antiquissimae
nach Roehl's Ausgabe bezeichnet. Fttr die bei Gollitz
noch nicht yertretenen Mundarten ist die zweite Auflage des
CAUEB'schen Delectus in einer der erhöhten Brauchbarkeit
dieses Buches entsprechenden Häufigkeit citiert. Ausserdem
sind alle neueren Inschriftenfunde, soweit sie mir zugänglich
geworden sind, benutzt worden. Mancherlei willkommene Er-
gänzung bot die ZovaYcoYi^ XiEetov dihjaaupCcrrcov von Kumakudis.

Eine Darstellung der griechischen Accentlehre habe ich
einem besonderen Hefte vorbehalten, das nach dem Vor-
bilde der Supplemente zu Whitney's Indischer Grammatik
erscheinen soll. Das Capitel wäre .zu umfangreich geworden,
als dass ich das ohnehin um einige Bogen stärker gewordene
Buch damit noch hätte belasten wollen. Das wichtigste über
alte Accentwirkungen findet man an verschiedenen Stellen
der Laut- und Flexionslehre. Zudem kann ich vorläufig auf
die hübsche Arbeit von Wheeler über den griechischen
Nominalaccent (Strassburg 1885) verweisen.

Für manchen freundschaftlichen Wink bin ich Professor
Brugmank verpflichtet. Auch Freund Hatzidaris in Athen
hat mir einige werthvoUe Bemerkungen besonders über Neu-
griechisches zukommen lassen. Wenn das griechische Wörter-
verzeichniss am Schluss diesmal vollständiger und brauch-
barer ist als in der ersten Auflage, so haben das die Be-
nutzer des Buches einem meiner Schüler, Herrn Drd. Adolf
Wilhelm, zu danken, der sich mit grossem Fleisse dieser
lästigen Arbeit unterzogen hat.

Graz im Januar 1886.

Der vorliegenden dritten Auflage dieses Buches will ich
nur wenige Worte vorausschicken. Ich habe mich bemüht
sie zu einer abermals verbesserten zu gestalten, und die rege



X Vorwort.

Thätigkeit, die in den seit dem Erscheinen der zweiten Be-
arbeitung verflossenen zehn Jahren auf unserem Forschungs-
gebiete geherrscht hat, machte es mir möglich dies an vielen
Stellen zu thun. Das Kapitel über den Accent wird man
noch immer vermissen; ich habe in der Zwischenzeit, mit
auf andern Gebieten liegenden Arbeiten vollauf beschäftigt,
nicht die Zeit gefunden, für die griechische Accentlehre die
der andern dabei zur Vergleichung kommenden Sprachen
wissenschaftlich durchzuarbeiten. Das übereilte Buch, das
wir neuestens über die Lehre vom indogermanischen Accent
bekommen haben, hat deutlich gezeigt, wie viel umfangreiche
und schwierige Vorarbeiten hier noch ausgeführt werden
müssen.

In der Umschreibung des Sanskrit habe ich für ^ der
beiden ersten Auflagen wieder das alte gute i angewendet,
ausserdem das vocalische r wieder durch j- bezeichnet. Für
die indogermanische Ursprache sind mir f, /, tp, ^ blos
Zeichen, deren genaue und wirkliche Aussprache wir für
jene Zeit noch nicht ermittelt haben; andere mögen ar, ra
u. s. w. vorziehen, was auch nicht schöner aussieht: weder
ihre Geltung als reine Sonanten noch die als Liquidae und
Nasale mit einem Schwa ist bis jetzt irgendwie sicher
erwiesen.

Manchen von den »jüngsten« Grammatikern wird mein
Buch an vielen Stellen zu conservativ erscheinen. Ich habe
mich allerdings nicht für verpflichtet gehalten, jede flüchtige
Hypothese, die ein Tag erzeugt und der nächsten einer als
Seifenblase erweist, zu verzeichnen oder gar anzunehmen.

Dem griechischen Wortverzeichnisse habe ich diesmal
auch solche ans den anderen indogermanischen Sprachen,
soweit ich sie zur Vergleichung herangezogen habe, beigefügt.

Graz im Juli 1896.

Gustav Meyer.

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